Läufer (Voranschreitender)
Eine Utopie in Aluminium
In der großen Skulptur … what games people play … zeigt der Künstler Ricky Knies eine menschliche Gestalt, die auf einer schiefen Ebene schreitet.
Der Weg, den die Gestalt betritt, wird durch hölzerne Bretter dargestellt, die im Verbund auf einem Spielwürfel freischwebend gelagert scheinen. Die menschliche Figur selbst ist aus Aluminiumplatten als dreidimensionale Silhouette geschnitten. Die „Reste“ dieser Platten sind – zu einem Keil zusammengesetzt – am „Beginn“ der Skulptur befestigt.
Die menschliche Gestalt schreitet dynamisch voran. Jedoch erkennt sie – im Gegensatz zum Betrachter der Skulptur – nicht, dass der Weg, auf dem sie sich befindet, einen labilen Gleichgewichtspunkt hat. Der Mensch nähert sich diesem Punkt, so dass der Moment, in dem die gesamte Konstruktion kippen wird, kurz bevorsteht. Er schreitet auf ein Gefahrenmoment zu, das jedoch allein dem Betrachter bewusst ist.
Als Steigerung der Situation erkennt der Betrachter nun auch am äußersten Ende des Weges einen Vogel, der dem Voranschreitenden zugewandt sitzt. Der Vogel, durchaus als Phönix angelegt, hat in dieser Skulptur mehrere Funktionen: Zum einen scheint er die Gestalt zu erwarten und lockt sie heran, des Weiteren versperrt er dem Menschen die Sicht, so dass dieser nicht erkennen kann, dass und wo der Balkenweg endet.
Künstler Ricky Knies
Der Künstler Ricky Knies ist ein Plastiker, der nicht im klassisch-bildhauerischem Sinne aus Werkstoffen Skulpturen herausarbeitet, sondern in besonderer Einbeziehung der Qualitäten und Eigenschaften von Materialien seine dreidimensionalen plastischen Gestaltungen formt. Die genaue Kenntnis der Werkstoffe und das Wissen um deren technischen Möglichkeiten erlauben ihm im Gegenzug ein Höchstmaß an Freiheit vom Material selbst für die Kunst zu gewinnen, was ihm Gestaltungen in überraschender Formulierung erlaubt.
Das Betrachten des Zusammenspiels von unterschiedlichen Materialien, Formen und Herstellungstechniken zeigen den spielerischen Aspekt, den der Künstler bewusst in den Titel … what games people play … gesetzt hat.
Das Spiel als Erfindung, als Finden, als die kreativste Form der Auseinandersetzung mit Materialien und Dingen, wird hier auch zur Metapher der Machbarkeit und des Umgangs mit den Objekten. Der Künstler Ricky Knies arbeitet in der Regel lange Zeit mit einem Material und entwickelt einen sehr eigenen künstlerischen Kanon mit dem jeweiligen Werkstoff. Er nimmt sich wohlweislich die Zeit, bis der Dialog zwischen Material und Gestaltung so weit ausgereift ist, dass sich Qualität in Selbstverständlichkeit ausdrückt. Dann ist eine prozessuale Einheit zwischen Idee und Umsetzung gelungen, die es ihm erlaubt, seinen Bildern und Metaphern im Material persönlichen Ausdruck zu verleihen.
Entnommen aus … what games people play … verfasst von Dr. Gabriele Uelsberg, Museum Alte Post in Mülheim a. d. Ruhr, Mai 2002