Dr. Hermann Hagedorn

Geb. am 20 August 1884 auf dem Reuenberg, gestorben am 7. März 1951 in Fretter/Sauerland.

Einem jeden Landstrich gereicht es zur Ehre, in seiner Geschichte einen Menschen nennen zu können, den die Umwelt für einen Großen hält. Mit Stolz windet die Heimat den Kranz dem Sohne, der Achtung und Ruhm im Auge der Menschen errang.

Wenn Dellwig sich heute des Sohnes erinnert und des Dichters gedenkt, dann sollte es nicht in der herkömmlichen Weise geschehen, dass man den Sohn lobt, um selbst dabei des Lobes wert erscheinen zu können. Denn wer nur seinen Namen im preisenden Stolze ruft, verschließt sich dem Wort des Dichters und weiß bald nur noch ein Bild zu sehen, dass zu Stein geworden ist.

Hagedornstein

Herrmann Hagedorn, den wir den Dichter der Heimat nennen, ist lebendig in dem, was er schaute, lebte und sagte. In ihm lebt die Heimat ihr höheres Leben. Was unsere Augen nimmermehr sahen, sagt uns die Heimat durch ihn. Und wer recht zu Hause sein will in diesem Land zwischen Reuenberg, Brauk und Emscher, und ein Stückchen Himmel sucht über den Schloten und Schächten, der möge zu ihm gehen und mit seinen Augen sehen.

Kötter und Kumpel sind zur Gestalt geworden im „Hämann Ohme Johann“ und „Ulenspeigel“ und in „Hatte on Hehme – Botterblaumen“ wird die Seele der Landschaft, werden Blumen und Bäche, Kötterhaus und Berg und Bäume, werden Gräser, Holunder und Ginster, werden Vögel und Sonne und Himmel zu dem einen wahren Bilde, vor dem sich die Nebel von Qualm und Rauch lösen und weichen.

Was der begnadete Dichter und mit ihm die Liebe erschaute, ist erschlossen für uns, was Väter und Mütter in den Generationen vor uns auf diesem Boden erlebt und erlitten, ihr Leben und Sterben, ihr Lachen und Weinen ist Gegenwart im Werke des Dichters. Sein Lied hat die Heimat begleitet in Frühling und Sommer, Herbst und Winter, Freude und Not. Hier wird in Wahrheit fühlbar und greifbar, dass die Wurzeln dieses Landes tiefer sind, als die Fundamente seiner Schächte und Kamine.

Die Sprache der Väter, die – ohne dass wir es zu ändern vermöchten – nicht mehr die Mundart der Jungen ist, hat er in die Höhe der Dichtung erhoben, Lust und Leid der Alten und ihre Art, die Welt und das Leben zu sehen, finden in ihr reife und letzte Form.

„Herz und Heimat“ so schrieb Augustin Wibbelt, der Mundartdichter im Priesterrock über Hermann Hagedorn, „das ist der doppelte Pulsschlag, der durch alle seine Verse vibriert; ein kindlich warmes, frohes Gemüt und eine innige Naturseligkeit, die in ihrer neckischen Stimmung und in ihrem volkstümlich kräftigen Humor der naheliegenden Sentimentalität völlig entgeht. Eine unberührte Reinheit, eine taufrische Morgenluft weht durch diese Dichtungen, eine gesunde Frömmigkeit, die schalkhaft zu lächeln versteht.“

Es gibt keinen Vers Hermann Hagedorns, der sechzig Jahre seines Lebens unter uns gelebt hat und Unzähligen als Freund und Lehrer unvergesslich ist, der nicht mit der Erweckung der Heimat auch ihn an uns zurückgebe. Wenn er, der seit einem Jahr nicht mehr unter den Lebenden weilt, um die Heimat leidet, dann wird unser Schmerz zum Schmerz um ihn. Dann gibt es kein Wort mehr, aus dem nicht seine lustig scheinenden, tiefen Augen sprächen und kein Wort mehr, das nicht zum Himmel ruft:

Geht ´n godden Mensch te Rauh,

Dä alle Welt te Leiwe wo,

Dann sengt dän Vuegel gottwollstau…

Kenner, Lö´ikes! Jo, jo, jo – – –                    

Quelle: Festschrift „In einem Jahrtausend wuchs Dellwig“ herausgegeben anlässlich der Dellwiger Heimatwochen vom 26. Juli bis 7. September 1952