Detaillierte Chronik

Detaillierte Chronik bis 1952

Dellwig ist eigentlich erst durch die Industrialisierung, die einen großen Strom von Arbeiterfamilien aus den Osten nach hier führte, zu seiner heutigen Ausdehnung angewachsen. Die Zunahme der Bevölkerung wie auch die weite Entfernung zur Pfarrkirche in Borbeck machte die Gründung eines eigenen Seelsorgebezirkes erforderlich. Im Jahre 1901 wurde eine Notkirche erbaut und am letzten Adventssonntag genannten Jahres durch Dechant Gisbertz von Werden benediziert. Bescheiden in ihrer Ausstattung, nicht einmal wetterfest, gab sie die Möglichkeit, Gottesdienste für die katholische Bevölkerung in Dellwig abzuhalten, die vorerst von auswärtigen Geistlichen durchgeführt wurden. Am 2. August 1902 wurde Vikar Matthias Lambertz als erster geistlicher Rektor durch Pfarrer Thönissen in Dellwig eingeführt. 1905 bildete sich eine selbständige Pfarre, die 1907 bereits auf 10.000 Seelen angewachsen war. Ein zweiter Vikar und die Berufung von fünf Pfarrschwestern folgten. 1909 konnte ein eigener Friedhof geweiht werden.

Da die Notkirche mit der Zeit den Ansprüchen nicht mehr gerecht wurde, erfolgte im Frühjahr 1909 der Bau einer neuen Kirche. Beispielloser Opferwille vollbrachte das Wunder. Am 29. Juni 1911 konnte das Gotteshaus geweiht werden. Am 21. Juli 1912 fand die feierliche Konsekration durch Weihbischof Müller statt, der die Kirche dem heiligen Erzengel Michael weihte. Dann brach der 1. Weltkrieg aus, der viele Opfer forderte. Im Jahre 1919 zählte die Pfarre St. Michael ca. 13.000 Seelen neben ca. 3000 Nichtkatholiken, mit Einschluss von Vondern und der Prosperkolonie (Ebel). Die Nachkriegsjahre mit all ihren Begleiterscheinungen wie Inflation, Besatzung usw. stellten die Pfarrgemeinde vor schwere Aufgaben. Im Übrigen scheint das pfarrliche Leben aber in ruhigen Bahnen verlaufen zu sein, denn der Chronist erwähnt keine besonderen Ereignisse. Die nur notdürftig verglasten Fenster der Nebenschiffe wurden durch kunstvolle ersetzt, 1927 erfolgte der Einbau einer 52registrigen Orgel. Die Prosperkolonie Ebel, die seit 1930 an Sonn- und Feiertagen gleichfalls gottesdienstlich betreut wurde, erhielt 1938 eine eigenen Kirche, die am 10. Juli geweiht wurde.

Dann kam eine Zeit der Prüfung. Im gleichen Jahre wurden die kath. Jugendvereine aufgelöst, 1939 die sogenannte Einheitsschule eingerichtet und der Religionsunterricht aus dem Lehrplan gestrichen, so dass den Geistlichen nur noch private Seelsorgestunden möglich waren. Prozessionen wurden verboten. Wieder brach ein Krieg über uns herein, noch grausamer und furchtbarer als der erste. Die Glocken wurden vom Turm geholt, um eingeschmolzen zu werden. Ende 1941 begann Pfarrer Lambertz seinen Bericht für die Chronik: „Wird dieses Jahr den Frieden bringen?“ Er ahnte nicht, dass das Jahr 1942 ihm selbst den ewigen Frieden bringen würde, einen Frieden nach 40jähriger rastloser Aufbauarbeit. Am 15. Mai 1942 trug man ihn nach Vollendung seines 70. Lebensjahres zu Grabe. Ehre seinem Andenken.

Sein Nachfolger, Pfarrer Krahe, wurde am Maria-Himmelfahrtstage des gleichen Jahres eingeführt. Am 17. September wurden Kirche und Pfarrhaus durch Bomben beschädigt. Der Gottesdienst spielte sich auf immer engeren Raum, zuletzt schließlich in der Kapelle des Kindergartens ab, bis auch eine Bombe den letzten Zufluchtsort zerstörte. Doch auch dieser Krieg ging zu Ende. Noch manches war durchzustehen. Es galt, die große Not zu lindern, Trost zu spenden und zu helfen, wo es nur irgendwie möglich war. Am Palmsonntag 1946 konnte wieder in der Kirche Gottes Wort verkündet werde. Die Pfarrhäuser wurden aufgebaut, Pfarrbücherei und Kindergarten im Schwesternhause eingerichtet und das religiöse Leben nahm langsam normale Formen an. Die kath. Jugendverbände entstanden wieder und 1948 durften wir die erste große Volksmission nach langer Zeit erleben. Mit Feuereifer ging es an die Wiedererrichtung des Gotteshauses. Am 5.8.51 konnte ein Sohn der Gemeinde, P. Koch, sein erstes feierliches Hochamt feiern und am 12.8.51 blickte der Kirchenchor mit Stolz auf ein 50jähriges Bestehen zurück. Zu diesen Festlichkeiten wurden die Gläubigen mit einer neuen Orgel überrascht. Von dem soliden religiösen Geist der Pfarre mag davon zeugen, dass eine Reihe von Priestern aus ihr hervorgingen. 1912 Kpl. Wilhelm Krandick und Wilh. Hesse, 1930 Pater Joh. Unterberg, der sein Leben 1940 im KZ ließ und auf unserem Friedhof beigesetzt wurde, 1933 P. Edwin Buers, 1939 P. Paul Kißmann und Kpl. Josef Bunte, 1940 P. Athanasius Schwermann und 1951 P. Urban Koch. Möge dieser gute Geist in der Pfarre erhalten bleiben.

Verfasst 1952 von Pfarrer Krahe
Quelle: Festschrift „In einem Jahrtausend wuchs Dellwig“ herausgegeben anlässlich der Dellwiger Heimatwochen vom 26. Juli bis 7. September 1952