90 Jahre im Dienste der Dellwiger und Gerscheder Bürger

Seit 90 Jahren stellt sich der Bürger- und Verkehrsverein Dellwig/Gerschede  in den Dienst der Dellwiger und Gerscheder Bürger. Von seiner Gründung 1910 an bis heute geht es in dieser ständigen Bürgereinrichtung darum, die Vielfältigkeit des städtischen Lebens von Mängel und Zwängen zu befreien und das Lebens- und Liebenswerte der vertretenden Stadtteile nach innen und außen bewusst zu machen und mitzugestalten.

Gleich vier Bürger- und Verkehrsvereine sind 1910 in der damaligen Bürgermeisterei Borbeck gegründet worden. Die genauen Gründungstage sind nicht überliefert. Der Dellwiger BVV dürfte mit einem Vorsprung von einigen wenigen Wochen der erste gewesen sein. Am 9. November 1960 ist das 50jährige Jubiläum in der Aula der neuen Hansemannschule gefeiert worden. Das gibt einen Anhaltspunkt auf das Gründungsdatum.

Zu den ersten großen Aufgaben gehörte die Unterstützung von Bürgern, die für den zu bauenden Kanal ihre Grundstücke abtreten sollten. Der Rhein-Herne-Kanal ist 1914 eröffnet worden.

Bedingt durch die starke Industrialisierung Dellwigs und den damit verbundenen Bevölkerungszuwachs mussten Verkehrs- und Freizeitprobleme gelöst werden. Das Sommerbad Dellwig, 1928 als Städt. Bad eröffnet, ist auf die gemeinsamen Bemühungen der Sportvereine und des BVV zurückzuführen.

Die Namen der Gründungsmitglieder und des ersten Vorstandes sind bis auf den Vorsitzenden nicht mehr bekannt. Es war Dr. Ludwig Meissner, der die Leitung von 1910 bis 1920 inne hatte.

Im ersten Weltkrieg ruhte die Vereinsarbeit. Von 1920 bis 1924 war Hermann Kückelmann der 1. Vorsitzende. In diesen turbulenten politischen und wirtschaftlichen Jahren hatte der Verein kaum Wirkungsmöglichkeiten. So schritten Karl Urban und Heinrich Köther mit einem Kreis von interessierten Bürgern im Jahr 1924 zur Wiedergründung.

Vorsitzende danach waren:

Karl Urban 1924 bis 1934; Dr. Hermann Hagedorn (der Heimatdichter) bis zur Auflösung des Vereins Ende 1934 auf Druck des NS-Regimes.

Nach fünfzehnjähriger Pause ist die Arbeit 1949 wiederaufgenommen worden. Von 1946 bis 1949 hat Karl Uhlenbrock Vorarbeiten für die Wiedergründung geleistet. Er übernahm den Vorsitz. Ihm folgte von 1951 bis 1974 Dr. Clemens Schmeck als Vorsitzender. Sein Nachfolger wurde Heinz Lappe von 1974 bis 2000. Seitdem leitet Klaus Pfahl den Verein als 1. Vorsitzender. Ihm stehen zur Seite der 2. Vorsitzender: Klaus Smula; Geschäftsführer: Alfred Ignorek; Kassierer: Altfried Overmeyer; Beiratsmitglieder: Günter Drame, Jochen Girke, Manfred Hertz, Theo Leifeld und Werner Szameit; Ehrenvorsitzender: Heinz Lappe.

Angesichts der katastrophalen Lebensverhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg gestaltete sich der Wiederaufbau in Dellwig ab 1949 als besonders schwierig. Neue Aufgaben kamen auf de BVV zu: Einflussnahme auf eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, des Wohnumfeldes, die Mitgestaltung bei der Erstellung von Bebauungsplänen, Vorschläge zur Errichtung von Spiel- und Sportstätten und die Lösung von Lärmbelästigungen.

Besonders verdienstvoll in den ersten Jahren war das Wirken von Karl Uhlenbrock, Gerda Gemel, Meta Kauke, Johannes Hagedorn, Fritz Squarr, Karl Verstegen und Wilhelm Wimmer.

Angesichts der Schaffung der Bürgerausschüsse 1949 und seit 1975 der Bezirksvertretungen als „verlängerter Arm“ des Rates der Stadt Essen widmen sich seitdem die politischen Parteien intensiver den Bürgerinteressen.

Hierauf hat sich der BVV durch eine sachliche und freundschaftliche Zusammenarbeit eingestellt, wie schon vorher mit dem Rat und der Verwaltung der Stadt Essen. Außerdem versteht sich der BVV als neutrale Plattform für die Bürger und die angeschlossenen Vereine zum Austausch von Informationen, der Austragung von gegensätzlichen Meinungen und einer Kooperation.

Als neue Aufgabenstellung hat sich der BVV seit 1959 der Kulturarbeit „vor Ort“ angenommen, ferner der Pflege des heimatlichen Brauchtums.

Als herausragende Ergebnisse von großen Gemeinschaftsaufgaben sind zu nennen:

Die Beseitigung der schienengleichen Bahnübergänge Prosperstrasse und Kraienbruch und die Errichtung des Mehrzweckfestplatzes an der Donnerstraße.

Aus der Kulturarbeit sind zu nennen: die Schaffung des Heimatdenkmals auf dem „Dorfplatz“ an der Michaeliskirche; die Gedenksteine für den Heimatdichter Hermann Hagedorn und für Dr. Clemens Schmeck (langjähriger BVV-Vorsitzender und Vorsitzender der Interessengemeinschaft gegen Luftverschmutzung); die Aluminium-Stele im neuen Wohnbezirk Kraienbruch; die Aufstellung des Maibaums auf dem „Dorfplatz“; die Morgenkonzerte mit bekannten Musikkapellen und die Mitwirkung ab 1959 der „vereinigten Dellwiger Chöre“; die Konzerte zum Erntedank bzw. zur Weihnachtszeit; die Aufstellung des Weihnachtsbaumes; die Pflege des Gefallenen-Ehrenmals an der Michaeliskirche.

Der BVV hat zurzeit (Mitte 2000) 250 Einzelmitglieder und über zwanzig kooperativ angeschlossene Vereine sowie Firmen und weitere Gemeinschaften. Mit seinen Aktivitäten für die Bürger und deren Stadtteile Dellwig und Gerschede leistet er – oft auch im Stillen – einen unschätzbaren Dienst zur Verbesserung der Lebensqualität und des Wohnumfeldes. Darüber hinaus haben Gemeinschaft und Zusammengehörigkeitsgefühl, die vor allem in der Stadtteil-Kulturarbeit zum Ausdruck kommt, einen hohen Stellenwert.

„Es gehört schon viel Bereitschaft dazu, sich neben dem Beruf und der Familie ehrenamtlich mit guten Ideen und tatkräftiger Mitarbeit für die Heimat und das Brauchtum einzusetzen, ferner mit zahlreichen Gemeinschaften und Gremien auf gesellschaftlicher und politischer Ebene zusammenzuarbeiten.

Mit dieser Äußerung in seinem letzten Neujahrsgruß umriss der heutige Ehrenvorsitzende Heinz Lappe treffend den Einsatz der Aktiven des BVV in allen neun Jahrzehnten.

(Verfasst 08.06.2000 durch Karl Senk)